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General-Anzeiger
26.06.09
Früher gab es die Kartoffelferien
Viertklässler der Bonner Jahnschule erleben im Freilichtmuseum Kommern
"Schule vor 100 Jahren"
Unser Projekt hieß "Schule vor 100 Jahren", dazu fuhren wir ins Freilichtmuseum nach Kommern, wo wir eine Unterrichtsstunde mit dem Lehrer Karl Milz erlebten. Zuerst erzählte er uns einiges über das Leben in der Familie in der damaligen Zeit, und über die Schulerziehung auf dem Land. Wir mussten uns in diese Zeit hinein versetzen. Das machte der Lehrer Milz mit einem Rollenspiel. Delia zum Beispiel spielte das Bauernkind. Wir erfuhren, dass es bei Bauern üblich war, dass die Kinder im Haushalt und auf dem Feld mithelfen mussten.
Das Wichtigste in der Schule war Disziplin. Es gab drei Kopfnoten. Sie hießen: Ordnung, Fleiß und Betragen. Wenn ein Kind Unsinn machte, bekam es vom Lehrer mit dem Stock Schläge, meistens auf die Finger. Das tat besonders weh. Es galten folgende Klasseregeln: Respekt haben, gerade sitzen, die linke Hand liegt in der rechten auf dem Tisch, zuhören, den Lehrer angucken, leise sein, saubere Hände und Nägel und ein sauberes Taschentuch haben. Beim Aufzeigen legt man die linke Hand unter den rechten Ellbogen. Beim Antworten steht man auf, tritt aus der Bank heraus und spricht in einem vollständigen Satz.
Bevor Lehrer Milz mit uns Unterricht machte, übte er diese Regeln mit uns ein. Er erzählte, dass die Kinder damals eine Schuluniform trugen, die Mädchen eine weiße Schürze mit Rüschen, die Jungen eine Matrosenkleidung. Sportunterricht hatten nur Jungen. Die Mädchen hatten in dieser Zeit Handarbeit. Schließlich gingen wir mit Lehrer Milz in das alte Schulhaus. Nachdem er sich umgezogen hatte und einen alten Gehrock trug, führte er uns in den Klassenraum. Dort wurden damals alle Schuljahre bis zur achtem Klasse gemeinsam unterrichtet. Der Raum sah ganz anders aus als unserer heute. Hintereinander standen Holzbänke. Vorne war ein großes Pult. Links an der Wand hing ein Bild von Kaiser Wilhelm, rechts an der Tür ein Kreuz, an der hinteren Wand zwei Bilder. Eines war von den Kartoffelferien, eines von der Ernte. Lehrer Milz erklärte uns, woher der Name Kartoffelferien kommt. Früher hießen die Herbstferien so, weil die Kinder bei der Kartoffelernte helfen mussten. In einer Ecke war ein Knieholz. Wenn ein Schüler früher nicht gehorchte, musste er sich zur Strafe darauf knien. Nun setzten wir uns in die Holzbänke, und es begann die Deutschstunde. Wir lernten die alt-deutsche Schrift. Lehrer Milz schrieb 13 Buchstaben an die Tafel. Er zeigte einen, sprach ihn vor und wir sagten ihn
im Chor nach. Anschließend zeigte er mehrere Buchstaben, die ein Wort ergaben. Wer es wusste,
zeigte nach den vorher eingeübten Regeln auf. Nun mussten wir einen Satz bilden. Schließlich schrieben wir die Buchstaben nacheinander im gleichen Tempo auf Schiefertafeln . Zum Schluss war Rechenstunde . Einzelne Kinder mussten die siebener Reihe vorwärts und rückwärts aufsagen.
Dazu standen sie auf und stellten sich neben die Bank. Wenn ein Kind die Aufgabe richtig gelöst hatte, ging es nach vorne zum Lehrer und bekam ein Fleißkärtchen. Zum Schluss mussten wir noch Kettenaufgaben lösen. Als der Unterricht zu Ende war, stellte Lehrer Milz noch persönliche Fragen an Delia. Er wollte wissen, ob in ihrer Familie ein Kälbchen geboren
wurde. Als Delia ja sagte, bat er sie, ihm in den nächsten Tagen Milch mitzubringen. Zum Schluss machten wir noch mit unserem Lehrer ein Foto vor dem Schulhaus. Der Unterricht war sehr aufregend. Es war spannend mal zu erfahren, wie es in dieser früheren Zeit gewesen ist.
Jahnschule,
Klasse 4b

Hochkonzentriert schreiben die Kinder die Buchstaben der alt-deutschen Schrift von der Tafel. Bei ihrem Ausflug in das Freilichtmuseum
Komm besuchten Bonner Grundschüler auch die alte Volksschule. Lehrer Karl Milz unterrichtete sie FOTO : privat
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